Ich bin mal wieder irgendwo eingeladen und mache das, was man mit etwas gutem Willen als „gepflegten small talk“ bezeichnen könnte. Mich trifft die Frage meines Gegenübers etwas unvorbereitet, weil ich in Gedanken woanders bin: „Was machst du eigentlich beruflich?“ Ich antworte spontan: „Was mit Sex.“ Der Mund meines Gegenübers klappt auf und bleibt länger offenstehen, als seiner Attraktivität zuträglich ist. Ich kann sehen, dass sich etwas durch die Gehirnwindungen quält und Bilder generiert werden, die zu dem passen sollen, was ich gerade gesagt habe. Und dann: „Wow! Du bist der erste männliche Prostituierte, den ich kenne.“ Und das in einer Lautstärke, die auch andere Gäste aufmerksam werden lässt. An diesem Abend interessieren sich plötzlich mehr Leute für mich als jemals zuvor. Immer wieder nimmt jemand mehr oder weniger verschämt Kontakt mit mir auf.
„Hab‘ ich das vorhin richtig gehört?“
„Was hast du denn gehört?“
„Naja, dass du dich prostituierst.“
„Eigentlich habe ich nur gesagt, dass ich was mit Sex mache.“
„Ja, eben. Echt mutig!“
„Eigentlich mache ich Sexual-Coaching.“
„Echt? Nennt man das heutzutage so?“
„Was meinst du mit DAS?“
„Sex für Geld!“
„Naja, die Leute, die zu mir kommen, kommen schon wegen Sex. Und sie müssen mich auch bezahlen. Aber ich habe keinen Sex mit ihnen.“
[kurzes Nachdenken] „Verstehe.“
„Was verstehst du?“
„Du bist eine männliche Domina. Also kein Verkehr, kein Anfassen, kein Küssen.“
„Nein, eigentlich nicht.“
„Ach so. Heißt das dann anders? Vielleicht Domino?“
Endlich wird das Gespräch interessant.
Merker an mich:
Nächstes Mal „Ich bin Coach!“ antworten. Dann interessiert sich wieder kein Schwein mehr für dich!